Die Vorbereitung neuer Klassenlektüren kann eine zeitraubende Herausforderung sein, besonders wenn du einen mitreißenden Jugendroman entdeckt hast, zu dem es kaum Material gibt. 📚 Manchmal fehlen einem einfach die Inspiration für die Einstiege, die Charakterisierungen oder all den beinhalteten Themen…
Kein Wunder, dass Viele neben dem ganz gewöhnlichen Schulwahnsinn nicht richtig Lust darauf haben. Aber hier dein kleiner Reminder, dass das Rad nicht immer neu erfunden werden muss. Ich greife z.B. immer auf altbewährte Bausteine zurück, um mir die Unterrichtsvorbereitung zu erleichtern.
Oder Kurzum: Never change a winning team!
Auch nicht im Literaturunterricht.
Hier also 4 wundervolle Einstiege, auf die ich in meinem Literaturunterricht immer wieder zurückgreife.
Ein Gedankenexperiment
Wie wäre es, die Schüler*innen in die Welt des Romans zu versetzen, bevor sie ihn überhaupt lesen? Mit Gedankenexperimenten zu ungewöhnlichen Settings oder Ausnahmesituationen aus dem Buch kannst du ihre Neugier wecken und ihre Kreativität fördern. 🤔💡
Einige Jugendromane versetzen ihre Figuren in ein fremdes Setting, wie z.B. die Städte auf dem Meer in „Ocean City“ von R.T. Acron, oder in eine Ausnahmesituation, beispielsweise die Robinsonade in „Allein in der Wildnis“ von Gary Paulsen oder die Möglichkeit eines Krieges in Europa in „Krieg“ von Janne Teller.
Die Lerner probieren sich hier aus, überdenken die Situation und beschäftigen sich damit, welche Konsequenzen sich ergeben, welche Probleme auftauchen, welche Lösungswege es gibt – und schüren so die eigene Neugier auf die Story in dem Jugendroman. Im gleichen Moment, in dem sie die einzelnen Möglichkeiten verfolgen, keimt die Frage auf, ob der Roman die Geschichte in ähnlicher Weise erzählt.
Solche Gedankenexperimente führe ich immer in einem Think-Pair-Share Verfahren durch. Die SuS beschäftigen sich zunächst 3-4 Minuten einzeln mit der Problemstellung, z.B. „Wohin würdest du fliehen, wenn in Europa Kriege ausbräche? Begründe deine Wahl!“.
Daraufhin setzen sie sich in einer Kleingruppe zusammen. Sie diskutieren ihre Lösungsvorschläge, um sich in dem Fall auf zwei mögliche Fluchtländer zu einigen (oder auf die vier wichtigsten Aktionen nach einem Flugzeugabsturz, die wichtigsten Gesetze in einer Stadt auf dem Meer, …). Die Plenumsphase ist die Schlussphase, in der die einzelnen Gruppenergebnisse auf ihre Plausibilität hin durchgesprochen werden.
Ich liebe diesen Einstieg – er fördert in erstaunlicherweise die Lesemotivation. Gleichermaßen müssen die SuS ihre Kreativität ankurbeln, ihre Diskussionskompetenz ausbauen und auf einer Metaebene das Problem mit seinen Konsequenzen reflektieren – so eine spannende Übung.
Ideensammlung zum Titel
Vor allem zusammengesetzte Buchtitel bieten sich für diese Art des Einstieges – Kathrin Schrockes „Weiße Tränen“ z.B. oder der „Rattensommer“ von Juliane Pickel. 📖 Durch kreative Storytelling-Übungen auf Grundlage des Prologs entwickeln sie erste Vermutungen und setzen sich interaktiv mit dem Text auseinander.
Hierbei teile ich die SuS in zwei Großgruppen. In den ersten paar Minuten brainstormen die SuS jeder für sich still – Gruppe A in dem Fall zum Begriff „Ratte“, Gruppe B zum Begriff „Sommer“. Danach sammeln wir an der Tafel die Assoziationen auf beiden Seiten.
Im dritten Schritt versuchen wir dann die Begriffe in Beziehung zu setzen und eine erste Interpretation des Titels anzugehen. Was haben Ratten im Sommer verloren? Wie passen die Begriffe zusammen? Und wie passen unsere Ideen zum Klappentext des Buches?
Auf diese Lösung kann schließlich am Ende der Einheit nochmal zurückgegriffen werden, um zu überprüfen, ob die Anfangsvermutungen sich bewahrheitet haben. Hierbei kommen richtig ungewöhnliche Lösungsansätze auf, welche die SuS an das Buch heranführen, ohne allzu viel vorweg zu nehmen.
Die Geschichte von hinter her aufrollen
Bei mysteriösen, seltsamen oder richtig spannenden Prologen nutze ich diese, um die Story des Romans von hinten her aufzurollen – auch hier steht das Schüren von Neugierde im Vordergrund.
So wie sich Kathrin Schrockes „Weiße Tränen“ für den Einstieg über den Titel anbietet, so kann man den Prolog genauso gut für den Einstieg nutzen. Der Prolog ist kurz und knackig: Eine Gruppe an Jugendlichen steht nachts an einem Baum. Sie versuchen gerade eine gefüllte Urne zu vergraben, als die Polizei auftaucht und sie stellt. Bäm!
Cliffhanger.
Die Story selbst setzt einige Wochen vor diesem Vorfall ein. Bleibt also die Frage: Wie kann eine solch absurde Situation entstehen? Was ist in dieser Urne eigentlich? Und wie kommen so unterschiedliche Figuren eigentlich zusammen?
Auch hier nutze ich das Think-Pair-Share Verfahren (merkt man, dass ich ein Fangirl bin?)
Die SuS nehmen sich alleine Notizen, tauschen sich dann aus, und schreiben gemeinsam eine mögliche Story, die zu genau dieser Situation hinführt. In dieser Stunde kann der Begriff „Prolog“ eingeführt oder wiederholt werden, um so die Ebene des literarischen Wissens einzubauen. Hier lernen die SuS den Begriff kennen und bestimmen die Funktion des vorliegenden Prologes – Auf welcher Zeitebene spielt er? Warum wurde er eingefügt?
Einstieg über die Hauptfigur
Findest du den Lehrer in „Jugend ohne Gott“ auf Anhieb sympathisch?
Ich ja erstmal gar nicht. Genau diese Antipathie habe ich mir für den Einstieg nutzbar gemacht – wie er da sitzt, arrogant über seine Lerner urteilt und irgendwie in seiner Einsamkeit abstößt. Warum sollte solch ein Charakter im Vordergrund stehen? Wie kommt es, dass man so verbittert sein kann?
Das sind Fragen, mit denen die Lerner sich bei diesem Einstieg beschäftigen. Ich lese ihnen die ersten Seiten vor oder bringe einen entsprechenden Hörbuchauszug mit – dass Vorlesen und Akkustik nachweislich die Lesemotivation und -kompetenz steigert, ich denke, das wurde schon genug diskutiert – um die SuS sanft in die Lektüre einzuführen, ihre Konzentration zu fördern. Sie sollen sich erste Notizen machen, ob sie diese Figur sympathisch finden oder nicht.
Dann diskutieren wir über die ersten Eindrücke.
In einer zweiten Phase lesen sie den gesamten Abschnitt nochmals still mit dem Bleistift, um alles Eckdaten zu erfassen und eine Skizze der Figur im Plenum anzufertigen. Die SuS können über diese Fragen auch Infos zum Setting (Welche Fragen beschäftigen den Lehrer?) oder zur Familiensituation (Wer gratuliert ihm zum Geburtstag? Wie?) gewinnen.
Haben sie dann erstmal einen Zugang zu der Figur – egal, ob sympathisch oder unsympathisch – haben sie bereits Verständnisinseln für ihr Handeln gebildet, sodass die kommende Lektüre leichterfällt.
Diese vielseitigen Einstiege habe ich über die Jahre perfektioniert und sie funktionieren für fast jeden Roman. Warum etwas Neues erfinden, wenn bewährte Strategien bereits vorhanden sind?
Ich hoffe, du konntest hier einen Einstieg finden, der dir die Vorbereitung erleichtert.
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