Wann hast du das letzte Mal einen Science-Fiction Roman gelesen?
Wann hast du das letzte Mal einen Jugendroman dieses Genres im Unterricht gelesen?
Bei mir war das schon eine gaaaanze Weile her – und jetzt frage ich mich, warum eigentlich? Science Fiction ist ein zu Unrecht oft geschmähtes Genre in der Sekundarstufe, denn es bietet so viele Diskussionsmöglichkeiten, so viele Rückgriffmöglichkeiten auf die Gegenwart und nicht zuletzt beherbergt es geballtes Potenzial für ein bisschen Action; die Action, die vor allem die jungen Leser*innen am Ball hält.
Genau dies, und noch viel mehr, bietet der Auftakt der Ocean City Trilogie.
Der Roman Ocean City: Jede Sekunde zählt, der 2018 mit dem Leipziger Lesekompass zum Schwerpunktthema Mut ausgezeichnet wurde, erhält meine volle Empfehlung für die Sekundarstufe I.
📘📘 Zusammenfassung 📘📘
Die Geschichte spielt in Ocean City, einer auf dem Meer schwimmenden Stadt. Durch ein ausgeklügeltes Kreislaufsystem ist die Stadt so gut wie autark und muss nur einen minimalen Teil ihrer Ressourcen am Festland besorgen – einem Festland, das geprägt ist von Warlords, unwirtlichen Lebensumständen und Armut.
Hier lebt der 14jährige Jackson Crowler zusammen mit seinen Freunden Henk und Crockie. Sie geraten ins Fadenkreuz von Lydia Tremont und ihrer Spezialeinheit, da sie es geschafft haben, das Bezahl- und Kontrollsystem der Stadt zu überlisten und etwas Zeit von der Zentralbank zu stehlen.
Nun ist ihnen der Spezialermittler Di Gallo auf den Fersen. Während Crockie der Polizei schon ganz zu Anfang in die Hände fällt, läuft Henk ziemlich schnell über und Jackson muss – genauso wie sein Häscher Di Gallo – angesichts seiner Verfolgung feststellen, dass in der Stadt nicht alles so demokratisch abläuft, wie die Regierung dies vorgibt.
Sehr schnell zieht sich die Schlinge für Jackson zu. Doch die neue Schülerin Lou zeigt ihm eine Ausweg, der ihn jedoch in viele neue Gefahrensituationen bringt und in ihm den Wunsch nach Veränderung weckt…
📘📘 Rezension📘📘
Mit einem Paukenschlag steigen die beiden Autoren in den Jugendroman ein: Jackson und Crockie werden von der berüchtigten Abteilung Z verfolgt – und es wird sogar auf die Jugendlichen geschossen. Solche Einstiege liebe ich, und sind zudem genau das, was ich in der Klasse gebrauchen kann, um die Jugendlichen ‚anzufixen‘. Die Spannung, die gleich auf den Anfangsseiten entsteht, bleibt zudem den gesamten Roman über hoch und flacht nicht ab.
Erzählt wird der Roman aus drei unterschiedlichen Perspektiven, jedoch in der dritten Person: Der Hauptfokus liegt auf Jackson und seiner Heldenreise, daneben kommt noch der Spezialermittler di Gallo zu Wort, der die Jugendlichen verfolgt sowie ein unbekannter Dritter, dessen Identität erst auf den letzten Seiten enthüllt wird.
Alle Figuren sind ambivalent ausgearbeitet. Sie bieten richtig viel Identifikationspotenzial für die Lerner. Einerseits gibt es den rebellischen Crockie, der sich nur ungern anpasst, der strebsame Henk, der sich selbst der Nächste zu sein scheint, der kreative und etwas verträumte Jackson, der nicht so richtig weiß, was die Zukunft bringen soll und zuletzt Lou, die sich schon früh für Politik einsetzt. Für jeden ist also etwas dabei, sodass die Jugendlichen Anknüpfungspunkte finden sollten. Die machtgierige Generalsekretärin der Stadt, die über Leichen geht, um ihre Macht zu sichern, rundet das Ganze ab. Die oft geäußerte Kritik, die Figuren würden nur Stereotype bedienen, kann ich nicht nachvollziehen – sicherlich stehen die männlichen Figuren im ersten Band im Vordergrund, doch Scout, Lou und Lydia Tremont sind eigenwillige Charaktere, die meiner Meinung nach keine 08-15 Figuren sind.
Das Erzähltempo ist durchweg hoch. Die Perspektiven ergänzen sich perfekt – an fiebert mit, ob die Gallo Jackson näher kommt, während man gleichermaßen neugierig ist, ob Jackson noch rechtzeitig die Finte riecht. Der abstruse, unbekannte Charakter weckt zudem die Neugier, warum er die Fäden im Hintergrund versucht zu ziehen.
Die Sprache und Kürze von Ocean City: Jede Sekunde zählt machen ihn auch für schwächere Leser meisterbar, wenn diese auch mehr Anleitung brauchen, um das Fachvokabular zu verstehen. Der Aufbau und die Funktionalität der Stadt werden immer wieder angedeutet, jedoch nie weiter erklärt. Dieser Fakt könnte für einige Schüler*innen etwas verwirrend sein, gleichermaßen bietet dies aber großes Arbeitspotenzial oder auch die Freiheit, die Informationen mit der eigenen Phantasie zu verknüpfen, um die Funktionalitäten der Stadt auszuformulieren.
👨🏫 Einsatz in der Schule
Ich sehe in Ocean City sehr viel Potenzial für die Sekundarstufe I.
Die stetige Spannung sollte die Schüler*innen am Ball halten. Zudem sind die 25 Kapitel nicht zu lang, sodass mit kürzere Leseaufträgen arbeiten kann, um die Lerner am Ball zu behalten. Die Anzahl der Kapitel kann genutzt werden, um bspw. jedem Lerner eine kurze mündliche Zusammenfassung aufzutragen, die als Stundeneinstieg genutzt werden kann.
Der Science-Fiction Roman mit Anklängen von Dystopie bietet viele Ansatzpunkte für den Unterricht:
- Gedankenexperiment: Wie würde eine schwimmende Stadt funktionieren?
- Detaillierte Charakterisierungen der Hauptcharaktere
- Anfertigen einer Romanzeitung
- Diskussionen über Geld und die Währung Zeit
- Erste Einstiege in Politik: Demokratie vs. Diktatur
- Diskussionen über den polizeilichen Umgang mit den Jugendlichen
- Thema „Freundschaft“: Wie viel Druck hält eine Freundschaft aus?
- Jackson und seine Heldenreise
- Handlungsmotive der Figuren untersuchen und besprechen
- Aktuelle Problematiken aufwerfen, die zu schwimmenden Städte führen könnten
Es gibt demnach viele Aktivitäten, die in der Klasse durchgeführt werden können oder als Projektaufgabe strukturiert angeboten werden können. Das Anfertigen einer Wand- oder Romanzeitung könnte sich beispielsweise nach einer ersten, gemeinsamen Besprechung zur Sicherung anbieten oder auch, um die SuS eigene Schwerpunkte setzen zu lassen.
*** Fazit ***
Ich vergebe hier fünf Sterne für die Lektüre Ocean City: Jede Sekunde zählt.
Die Schüler*innen sollten schnell Zugang zur Geschichte finden. Zudem sind die Sprachhürden nicht sehr hoch, die Kapitel kurzgehalten und das Thema spannend.
Der Cliffhanger am Ende motiviert die SuS, eigenständig die weiteren Bände zu lesen, die mindestens genauso spannend sind wie der erste. Es lassen sich zudem viele Gegenwartsbezüge herstellen, Bezüge zu den Lebensumständen der SuS, da die Jugendlichen trotz ihrer ungewohnten Lebenssituation ähnliche Wesenszüge und Träume haben, zudem liebe ich ja Gedankenexperimente und Hypothesen mit den SuS aufzustellen, die wir dann am Roman überprüfen.
Werft also unbedingt einen Blick in den Roman. 😉
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