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Umgang mit K.I. , Chat GPT, Schule, Bildung

Tipps und Tricks zum Umgang mit K.I.

Zeitreise: Oktober 2021

Ich nehme meine Tasse Kaffee, setze mich an den Schreibtisch.

Zeit für die Korrektur von Hausaufgaben. Beschreibung des Frauenbildes von Walther Faber für die Elfer – ich liebe ja Max Frisch. So ein toller Autor. Eigentlich wollte ich den Stiller lesen.

Nun gut. Ich nehme einen Schluck Kaffee.

Bereits das erste Blatt sorgt für Augenrollen. „Dieser Text ist leider nicht von dir“ schreibe ich oben drauf, nehme das nächste. Auch hier: Kein Rechtschreibfehler, etwas gestelzte Sprache, Vokabular, das Kira definitiv noch nie in ihrem Leben benutzt, geschweige denn, gehört hat. Ich nehme einen weiteren Schluck Kaffee.

„Ob ein café corretto nicht passender wäre?“, schießt es mir durch den Kopf. Ja. Lieber nicht.

Wieder notiere ich „Bitte beim nächsten Mal selbst machen“.

 

So oder so ähnlich begann meine Abenteuerreise mit Chat GPT. Mittlerweile ist K.I. nicht mehr wegzudenken – und ja, es hilft in vielen Bereichen ungemein. Dennoch sollten die Lerner auch selbstständig noch Analysen, Textkreation und Literaturauseinandersetzung bewerkstelligen können.

Hier drei Tipps, wie wir die Chatbots im Literaturunterricht (bisher noch) geschickt umgehen können.

 

  1. Detailfragen für tiefes Verständnis

Chat GPT, Mindverse, Neuroflash – all diese K.I. gestützten Tools haben ihre Grenzen.

Klar, online sind Rezensionen zugänglich, Zusammenfassungen und bereits geklärte Fragen durch Hausaufgabenforen, Schüler*innengruppen und veröffentlichte Seminararbeiten auf GRIN und ähnlichen Plattformen. Dennoch sind diese Angaben nur begrenzt verfügbar.

Anstatt also bei Hausaufgaben und Co. auf globales Leseverstehen zu setzen, greife ich vermehrt auf sehr spezifische Detailfragen zurück und/oder beschränke die Frage auf einen ganz klaren Leseteil der aufgegeben Lektüre.

Anstatt: „Charakterisiere das Frauenbild von Walther Faber“ würde ich die Frage heute viel detailreicher stellen, z.B. „Fasse das Zusammentreffen von Ivy und Walther Faber S.XYZ zusammen. Beschreibe, welches Frauenbild seitens Walther sich hier manifestiert und belege dies mit dem Text. Führe anschließend aus, wie sich das Frauenbild in der Szene S. ABC ändert.“

Indem der Lerner hier auf spezifische Seiten zurückgreifen muss, kann er sich schlecht auf ChatGPT verlassen. Und wenn er es tut – nun ja – die Arbeitsergebnisse werden dann geahndet, da sie nicht mit der Fragestellung übereinstimmen. Probiert einmal derartige Ergebnisse aus den K.I. herauszubekommen – lustig ist es allemal.

Was? Keine Interpretationsfragen mehr?

Ich höre deine Stimme förmlich in meinem Kopf 😉 Doch! Schon! Aber leider sind solche übergreifenden Fragen zu Klassikern wie Homo Faber überall im Netz verfügbar, sodass es schnell zu K.I. Texten kommt – für Aufgaben zuhause also eher Detailfragen zum Üben, für die Arbeit in der Klasse sind die übergreifenden Fragen aber natürlich immer noch machbar.

 

  1. Kreative Aufgaben für Medienkompetenz

Bewegen wir uns im Bereich der Lesetagebücher und -portfolioarbeiten, gilt es, möglichst viele Lerntypen anzusprechen.

In diesem Fall kombiniere ich gerne Detail- und Kreativaufgaben.

Anstatt einer einfachen Charakterisierung, wird die Charakterisierung in eine andere Aufgabe eingebunden, z.B. „Erstelle eine Charakterkurve von Walther Faber durch da Buch hindurch. Trage hier mindestens 6 Situationen ein, in denen sich seine Gefühlslage grundlegend verändert. Was schließt du daraus für seinen Charakter?“.

Oder ich binde das K.I. Tool in die Aufgabe mit ein, z.B. : „Erstelle mithilfe einer K.I. Text-to-Image eine Abbildung von Walther Faber. Erläutere deinen Prompt und warum du diese Abbildung für passend/unpassend hältst“. Einerseits kannst du K.I. so einbinden, dass die Schüler*innen damit arbeiten müssen, anstatt sich nur darauf zu verlassen. Sie müssen sich Gedanken machen und ihre Arbeit damit erklären, reflektieren, sodass sie nicht nur mit dem Buch arbeiten, sondern gleichzeitig ihre Medienkompetenz schulen. Andererseits entgehst du dem blinden Einsatz dieser Hilfstools.

 

  1. Auswahl der Lektüren anpassen

Umso stärker die Lektüren mit dem klassischen Kanon verwoben sind, umso leichter ist es für die Lerner, entsprechende Lösungen aus K.I.-Tools zu erhalten. Liest man jedoch moderne Jugendbücher oder weniger gängige Lektüren, haben die K.I.-Bots weniger Material zur Analyse zur Verfügung.

Versuch es einmal selbst mit folgenden Prompts mit der K.I. deiner Wahl:

Fasse den Roman „Löcher“ in rund 200 Wörtern zusammen. Gehe dabei auf die Rolle des Schweines ein“ und „Fasse den Roman Identity X in weniger als 200 Wörtern zusammen. Gehe dabei auf die Rolle der Polizistin ein“.

Ergebnis heute, 31.10.23 – detailliertes Ergebnis zu Prompt I, kein Ergebnis zu Prompt II oder eine schlichtweg fehlerhafte Zusammenfassung. Es bleibt den Schüler*innen demnach keine andere Wahl, als sich selbst mit der Fragestellung zu beschäftigen. Am besten, du probierst es gleich aufs Exempel mit deiner Lernergruppe aus, damit sie merken, dass sie an ihre Grenzen stoßen. Bevor du überhaupt mit deiner Lektüre anfängst, lass sie versuchen eine Zusammenfassung aus Chat GPT herauszubekommen – und lies dann die ersten Seiten mit ihnen oder eine Rezension. Manchmal staunen sie nicht schlecht, z.B. wenn Chat GPT ihnen etwas über Anna erzählt, die in „Nach vorn, nach Süden“ die Asche ihrer Mutter ans Meer bringen will – obwohl weder Anna noch eine tote Mutter eine Rolle in dem Buch spielen. Das kann man in diesem konkreten Fall bereits durch das Lesen des Klappentextes abklären.

 

Die Herausforderungen in Bezug auf ChatGPT und Co. sind real, aber die Lösungen sind ebenso greifbar. Die Integration dieser Ansätze ermöglicht es Deutschlehrern, die Abhängigkeit von K.I. im Literaturunterricht zu reduzieren und Schülerinnen und Schüler zu eigenständigen Denkern und Lesern zu erziehen. Damit schaffen wir eine ausgewogene Balance zwischen moderner Technologie und traditioneller Bildung.

Und so mache ich weiter, mit der festen Überzeugung, dass die Liebe zur Literatur und das tiefe Verständnis für Texte die wahren Schätze des Unterrichts sind.

 

Hast du noch einen weiteren Tipp?

Hinterlasse hierzu gerne einen Kommentar.

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Hey ich bin Vanessa,

Deutschlehrerin, Literaturbloggerin, Yogatante und eigentlich auch ein eigener Klassenclown. Ich bin überzeugt, dass die passende Literatur deine Schüler*innen zum Staunen bringt, dass mediale Projekte auch den letzten Lesefaulen aus der Ecke locken und ‚Klassiker‘ aus der Sekundarstufe verbannt gehören.

Seit mehr als 13 Jahren arbeite ich als Deutschlehrerin an unterschiedlichen Schulen, halte Workshops zur Literaturvermittlung und gebe dir nun aus meinen Erfahrungen heraus Tools und Material an die Hand, um bei deinen Lernenden wieder mehr Freude an der Literatur zu wecken.

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