In einer Welt voller Tablets, Smartboards und Edutainment wirkt es auf den ersten Blick wie ein Dinosaurier: das Lesetagebuch. Dennoch ist es für mich aus dem Literaturunterricht nicht wegzudenken. Gerade in der schnelllebigen Welt bietet es einen Gegenpol – fast einen Ruhepol zur Reflexion und eine Brücke zum tiefergehenden Textverständnis.
Heute gibt es einige Einblicke, warum du dich nicht vom Lesetagebuch trennen solltest, sondern es gemeinsam mit deinen Schüler*innen ins 21.Jahrhundert bringen kannst.
Warum überhaupt ein Lesetagebuch?
Die Lerngruppen werden auf vielen Ebenen immer heterogener. Die Lesekompetenz ist eine der Ebenen, bei denen dies besonders auffällt – gleichzeitig aber auch eines der Felder, in denen man den Schüler*innen Erleichterungen, Handreichungen und Hilfestellungen geben kann.
Das Lesetagebuch ist eine dieser Gelegenheiten. Als persönlicher Begleiter des individuellen Leseprozesses unterstützt es seinen Urheber bei der Entfaltung seiner individuellen Kompetenzen, während es ihm gleichzeitig den Freiraum gibt, in seinen eigenen Stärken zu arbeiten. Es bietet zeitsparende Differenzierungsmöglichkeiten, z.B. durch Intensivierung der Aufgabenstellung oder das Lesen von 2-3 Ganzschriften im gleichen Klassengefüge.
Darüber hinaus begünstigt das Lesetagebuch die Förderung auf mehreren Ebenen: Durch gezielte Aufgabenstellungen haben die Lernenden die Wahl, ob sie das Gelesene eher analytisch, spielerisch oder kreativ verarbeiten, sodass man unterschiedliche Lerntypen ansprechen kann. So können die Lerner den Roman in Form von Collagen wiedergeben oder Zusammenfassungen schreiben, eine Charakterisierung schreiben oder ein Bild erstellen und erläutern, warum es passt. Entsprechend führt das Lesetagebuch viel weiter, als nur die Lesekompetenz zu schulen.
Zuletzt ermutigt die Methode des Lesetagebuchs durch die Reflexion und die Verarbeitung des Romans zu einer aktiven Lesebeteiligung. Dies führt gleichermaßen zu einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit dem Text – viel tiefer als dies in einem Plenarunterricht möglich ist (and you know it: Wie viele lesen beim Plenarunterricht erst gar nicht?).
Du siehst also: Das Lesetagebuch ist ein Oldie, aber definitiv ein Goldie.
Zudem ist es wie mit der Musik: Ein neuer Beat, eine frische Stimme – voilà : ein neuer Nr. 1 Hit ist geboren.
Das Lesetagebuch ins 21. Jahrhundert bringen
Mit dem Einzug der digitalen Medien in die Klassenzimmer lässt sich das Lesetagebuch – auch wenn ich persönlich noch immer ein riesiger Fan von Schreiben auf Papier bin #sorrynotsorry –in die Moderne bringen. Zudem tun sich hier ganz neue Aufgabenstellungen auf, die über die kreativen, analytischen und lesefertigen Kompetenzen ebenfalls die Medienkompetenz stärken.
Mithilfe von Onlineplattformen wie lernpfad.ch oder zeoob.com lassen sich die SuS in ihrer Welt abholen, was die Organisation oder auch die Lernprodukte angeht. Zudem gibt es reichlich Apps wie den Bookcreator oder Goodnotes, die es ermöglichen, die Lesetagebücher digital zu erstellen. Dies erleichtert den Austausch, da die Lehrkraft jederzeit darauf zugreifen kann, aber auch da die SuS die Ergebnisse z.B. am Whiteboard ‚sharen‘ können und so untereinander den Austausch finden.
Ein weiterer Vorteil ist die Einbindung multimedialer Elemente. Durch diverse Apps, wie z.B. Memesgeneratoren, Audioapps oder auch einfache Bild- und Video-K.I.-Bots, können die Lerner vielfältige Produkte erstellen und sie direkt in das digitale Lesetagebuch einbinden.
Hier ist quasi alles denkbar: Vom Einbinden von Audiodateien wie einem Hörsielauszug bis hin zur Erstellung eines Buchtrailers, eines Kahoots oder eines selbsterstellten Comics sind der Phantasie der Lehrkraft hinsichtlich Aufgabenstellung und der Lerner hinsichtlich ihres Produktes keine Grenzen gesetzt. Dieser Nukleus bietet zudem Möglichkeit zur Reflexion: Warum wähle ich gerade dieses Lernprodukt, anstatt eines ‚haptischen‘ Lernproduktes? Wie kann mir die Technik hier behilflich sein, ohne dass es ein Plagiat oder Fremdprodukt wird?
Durch die Digitalisierung sehe ich ebenfalls die Möglichkeit, das Lesetagebuch nicht mehr nur als Individualprodukt zu erstellen, sondern z.B. als Partnerprodukt, sodass gemeinsam daran gearbeitet werden kann auch auf Distanz. Die Lerner würden dann gerade im Austausch das Textverstehen vertiefen. Oder zwei Lernprodukte vergleichen, um so in die Diskussion zu kommen und ihre Kommunikations- und Reflexionskompetenzen zu schulen.
Denn gerade diese Kompetenzen geraten in der modernen Bildung immer mehr in den Fokus. Gerade bei der Diskussion über Deeper Learning und den 4K des 21. Jahrhunderts kann das Lesetagebuch im Kontext des Deutschunterrichtes gute Dienste leisten.
Fazit
Das Lesetagbuch ist also mehr als nur ein papiernes Relikt vergangener Tage. Es ist der Schlüssel zu einer kreativen und inspirierenden Reise durch die Welt der Literatur im 21. Jahrhundert. Es ist eine Möglichkeit, die Lerner auf den unterschiedlichsten Ebenen zu fördern, einfach zu differenzieren und ihre individuelle Auseinandersetzung mit einem Buch zu fördern. Sie können ihre Stärken ausspielen, müssen dabei aktiv werden und können sich nicht die Arbeit von der Lehrkraft oder den Mitschüler*innen abnehmen lassen, wie es im Plenarunterricht oft der Fall ist.
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Du willst wissen, welche digitalen Tools hier Sinn machen?
Wie du K.I. generierte Texte vermeidest?
Einen praxiserprobten Fahrplan, wie du die Lerner zu tollen Ergebnissen führst?
Dann habe ich heute noch etwas im Petto für dich.
In meinem Onlinekurs „Lebendiges Lesen: Optimale Ergebnisse beim Lesetagebuch“ erkläre ich dir in 6 knackigen Videolektionen vertiefend alle Hintergründe zum Lesetagebuch, damit die nächste Korrektur nicht zum Frustmarathon wird.
Hier erfährst du:
- Wie du K.I. umgehen oder mit ihr arbeiten kannst
- Wie ich meine Lesetagebücher aufbaue
- Mit welchem Fahrplan ich die Lerner begleite
- Wie du die Motivation hochhältst
- Wie du zeitsparend differenzieren kannst
- Wie du dich bei der Bewertung entlasten kannst
3 Kommentare zu „Oldie but Goldie: Das Lesetagebuch“
Das Lesetagebuch ist eine wundervolle Methode – da gebe ich dir vollkommen Recht. Aber die Korrekturen lassen mich dann manchmal zurückschrecken, vor allem bei den ganz kleinen Klassen.
Da wünsche ich mir manchmal Entlastung
Hallo Frederike,
ja, die Bewertung und die Korrektur kann sehr zeitraubend sein – I feel you. Aber man kann sich hier gut entlasten durch einen Perspektivwechsel (Welche Kompetenz steht überhaupt im Vordergrund?), durch alternative Aufgaben oder auch Modellkorrekturen. Im Onlinekurs gibt es ein ganzes Kapitel dazu 🙂
Hab einen tollen Tag
Gerade auf den Beitrag gestoßen – danke für die Ideen 🙂