In der Pubertät kommen viele Fragen auf.
Zum eigenen Umfeld.
Zum eigenen Körper.
Und vor allem auch zur eigenen Persönlichkeit.
Wer sind wir, wenn wir die Einflüsse unserer Eltern entfernen? Ist unsere Leidenschaft wirklich die eigene oder nur der vergangene Traum unseres Vaters oder unserer Mutter?
Für den 16jährigen Wolfgang in dem Jugendroman „Perfect Copy. Die zweite Schöpfung“ von Andreas Eschbach stellen sich gerade all diese Fragen. Doch leider muss er beim Nachforschen erkennen, dass hinter seinen Zweifeln viel mehr steckt – nämlich die Frage: Wer bin ich eigentlich, wenn ich nur eine Kopie bin? Ein spannender Roman rund um die ethische Frage des Klonens, um die Verantwortung der Medien und das elterliche Verhalten – eine tolle Lektüre für die 9.Klasse.
📘📘 Zusammenfassung 📘📘
Der Jugendroman „Perfect Copy. Die zweite Schöpfung“ steigt sofort mit einem Paukenschlag ein: Die Aussage eines kubanischen Wissenschaftlers, vor 16 Jahren erfolgreich einen Menschen geklont zu haben, sorgt weltweit für große Diskussionen. Dieser Skandal macht ebenfalls vor Wolfgangs Schule in einem beschaulichen Dorf im Schwarzwald nicht halt: Rauf und runter behandeln die Lehrkräfte das Thema im Unterricht – eine wahre Klonomanie. Das Thema hängt den Jugendlichen schon zum Halse raus. Sie können es nicht mehr hören, …
…bis ihr Dorf plötzlich zum Zentrum des Skandals wird. Eine auflagenstarke Zeitung veröffentlicht ein Foto des 16jährigen Wolfgangs und behauptet, sein Vater Dr. Redeberg habe mit dem Kubaner zusammengearbeitet und er sei das Ergebnis dieser Klonversuche. Damit beginnt für Wolfgang ein anstrengender Spießrutenlauf. Schulverweis. Presse vor der Tür. Spannungen zuhause.
Als hätte der Jugendliche momentan nicht schon genug mit sich selbst zu tun. Seit seiner Kindheit spielt Wolfgang Cello – doch in letzter Zeit nagen die Selbstzweifel an ihm, ob er den Erwartungen des Vaters noch gerecht werden kann oder überhaupt noch Lust an der Musik hat. Daher beschließt er, sich an den „Cellopapst“ zu wenden. Doch dieser Besuch bringt dunkle Geheimnisse ans Tageslicht…
📘📘 Rezension 📘📘
Ich habe den Roman in einem Wochenende verschlungen – ich denke das sagt erstmal genug 😉
Andreas Eschbach versteht es in seinem Jugendroman „Perfect Copy. Die zweite Schöpfung“ die beiden Problemstränge – der Skandal rund um das Klonen sowie Wolfgangs zunehmende Selbstzweifel – miteinander zu verweben, sodass sie sich gegenseitig befeuern. Vor allem verläuft die Story ganz ohne den mahnenden Zeigefinger, der mir bei „Blueprint“ manchmal echt auf den Zeiger gegangen ist. Wolfgangs Zweifel resultieren nämlich gerade nicht aus dem Chaos rund um den Klonvorwurf, sondern wachsen natürlich in ihm heran aufgrund der Pubertät und auch den Fragen zu seiner eigenen Zukunft – eine Zukunft, die er nicht als Solist sieht.
Wolfgang ist eine ambivalente Figur – man kann sein Dilemma zwischen den Anforderungen der Eltern und seinen eigenen Bedürfnissen richtig gut nachvollziehen. Die restlichen Figuren sind ebenfalls eindringlich gezeichnet. Nur Wolfgangs Mutter bleibt etwas flach, obschon sie vor allem gegen Ende zu einer der Schlüsselfiguren wird. Sie folgt scheinbar blind den Vorgaben des Vaters, verschwindet in ihrem Atelier, ohne sich weiter um die Gefühlswelt ihres Sohnes zu kümmern. Sie war mir unsympathisch – aber gerade das kann ja für das Unterrichtsgespräch interessant werden. Ist ihr Verhalten verständlich? Und was hat es mit den eher seltsamen Aquarellen auf sich?
Die Handlung bleibt über den gesamten Roman spannend – ich habe jedenfalls mitgefiebert, und lag am Ende voll daneben 🤣 Ohne dass dies ein enttäuschendes Moment aufgrund eines unrealistischen Turns gewesen wäre, ganz im Gegenteil. Selbst die Liebesgeschichte rund um Svenja und Wolfgang, die über das ganze Chaos hinweg zueinander finden, war toll eingebettet. Gerade Svenja pusht Wolfgang, seine Komfortzone zu verlassen und die Reise nach Berlin trotz seiner Eltern anzutreten.
Positiv überrascht war ich darüber hinaus, dass die Sprache so klar, so verständlich ist, ohne sich mit Jugendsprache o.Ä. anzubiedern. Die aufgesetzte Jugendsprache stößt mir und meinen Schüler*innen bei vielen Romanen unangenehm auf. Das Thema Klonierung wird verständlich dargelegt. Die Verlagsempfehlung siebte Klasse finde ich etwas früh, aber in der achten, neunten und sogar zehnten Klasse würde ich den Roman ohne Probleme sehen. Vor allem Klassen mit naturwissenschaftlicher Ausrichtung werden bei „Perfect Copy. Die zweite Schöpfung“ ihren Spaß haben.
👨🏫 Einsatz in der Schule
Der Roman von Andreas Eschbach bietet vielfältige Möglichkeiten für den Deutschunterricht, aber auch für fächerverbindenden Unterricht. Sicherlich kann das Thema „Klonen/Klonierung“ in den Naturwissenschaften aufgegriffen werden. Es können hier reale Fälle vorgestellt werden, die EU-Richtlinien besprochen werden, die Chancen und ethischen Fragen, die sich daraus ergeben – von daher wäre auch ein Projekt mit „Ethik“ denkbar. In diesem Problemfeld ergibt sich ein weiteres spannendes Thema: Der Umgang der Schule, der Lehrer*innen und der Schulkameraden mit dem Presseverdacht. Ist die Reaktion richtig? Ist sie überzogen? Gibt es alternative Lösungen für das Problem?
Darüber hinaus ist die Eltern-Kind-Dynamik sehr spannend. Das Verhältnis der Eltern ist sehr lieblos. Die Mutter scheint keinen wahren Bezug zu ihrem Sohn zu finden, während der Vater durch seine dominante Art versucht, jegliche Selbstständigkeit des Sohnes zu unterdrücken. Dies kann sehr fruchtbar sein für Unterrichtsgespräche – vor allem, wenn man dies mit dem Gegenbeispiel von Svenjas Familie vergleicht.
Die prägnante Skizzierung der Figuren bietet sich zuletzt für die Wiederholung schriftlicher Charakterisierungen an. Da der Roman sich sehr auf Wolfgang fokussiert, kommen andere Figuren nicht zu Wort. Will man Kreativität fördern, kann man hier Cem und Svenja, die Mutter oder den Journalisten in Tagebucheinträgen, inneren Monologen bzw. Briefen zu Wort kommen lassen. Wie empfinden sie die Situation? Wie sehen sie die eigene Rolle in dem sich hochschaukelnden Drama?
Zusammenfassend:
- Klonen: Verfahren, Ethik, Chancen und Gefahren
- Gene und Vererbung
- Eltern-Kind-Dynamik
- ‚Wunderkinder‘ und Umgang mit ihnen
- Reaktion des Umfeldes und der Schule
- Wiederholung der Charakterisierung
- Perspektivwechsel einnehmen
- Umgang mit traumatischen Erlebnissen
Fazit
Von mir aus eine absolute Empfehlung für den Unterricht. Der Umfang der Lektüre lässt sich gut meistern von den Schüler*innen, wenn ich es aber nicht für leseschwache Lernende empfehlen würde. Die Sprache ist dem Thema angemessen, das Klonen wird gut erklärt, dennoch sollte man den Roman nicht unterschätzen – trotz Spannung ist es kein Buch für „zwischendurch“ oder sehr leseschwache Lerngruppen. Ich lese es mit meiner Leistungsgruppe oder meiner Gymnasialklasse.
Für den Unterricht gibt es vielfältige Anknüpfungspunkte, die über den Deutschunterricht hinaus führen können, aus denen man Referate und Projekte ableiten kann.
Von mir: 4,5/5 möglichen Sternen
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