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Rezension, Entwicklungsroman, Roman

Buchrezension: E.Arenz – Der große Sommer

Ein großer Sommer.

Was bedeutet das eigentlich? Wann ist ein Sommer ‚groß‘? Und wie ‚groß‘ kann so ein Sommer eigentlich werden?

Dass mich hier ein Entwicklungsroman erwartet, war mir von Anfang an klar. Dass mich aber so ein sprachgewaltiger Roman erwartet, hat mich sprachlos gemacht 😍 – im positivsten Sinn.

Ewald Arenz erzählt in einer sehr einprägsamen Art und Weise hier die Geschichte des 16jährigen Frieder, der glaubt, in diesem Jahr einen ziemlich besch…eidenen Sommer zu erleben. Da er leider in Mathematik und Latein zur Nachprüfung muss, darf er nicht mit in den Familienurlaub, sondern muss bei seinen Großeltern dafür büffeln. Keine guten Aussichten seiner Meinung nach.

Der große Sommer kommt jedoch ganz anders…

 

📘📘 Zusammenfassung 📘📘

 

Frieder muss den Sommer bei seinem Großvater und Nana verbringen, anstatt mit seinen Eltern und Geschwistern in den Urlaub zu fahren – denn er muss in Latein und Mathe zur Nachprüfung antreten. Für ihn bedeutet dies also alles andere als ein „großer Sommer“. Während er Nana abgöttisch liebt, ist ihm der Großvater in seiner mürrischen und rigorosen Art nämlich eher suspekt. Bei seinem Aufenthalt im Haus der Großeltern lernt Frieder hier jedoch eine ganz eigene Form der Liebe kennen, eine komplizierte Liebe, eine schwierige aber innige, tiefe Liebe, die er auf Anhieb nicht zu verstehen vermag. Eine Liebe aber, die es ihm erlaubt, den Großvater späterhin aus einer ganz anderen Perspektive betrachten zu könne.

Gottseidank gibt es darüber hinaus aber noch die Schwester Alma, die aufgrund der Arbeit zuhause bleiben muss und seinen besten Freund Johann, mit dem Frieder die Nachmittage verbringen kann. Und das Mädchen im „flaschengrünen Badeanzug“ – ein Mädchen, das er im Freibad kennenlernt und in das er sich schlagartig verliebt.

Zu viert verbringen die Jugendlichen einen unvergesslichen Sommer – unvergesslich aufgrund all der Höhen, der ersten Male, des Adrenalins und des Erwachsenwerdens, aber auch unvergesslich aufgrund der Tiefen, die sich für die Teenager auftun und ihre Freundschaft für immer verändern werden.

 

📘📘 Rezension 📘📘

 

Ewald Arenz hat mich bei Der große Sommer mit seiner Sprache verzaubert, mich in Frieders sehr träumerischen Bann gezogen und mir eine Geschichte schmackhaft gemacht, die an sich nicht so mein Genre ist – das schaffen ganz Wenige.

Der große Sommerist ein Entwicklungsroman voller Sprachpoesie. Die Beschreibungen sind sehr gefühlvoll und spiegeln hervorragend die etwas naive, verträumte Weltsicht der Hauptfigur Frieder, der sich ganz oft an seinen Sehnsuchtsort Brasilien denkt. Frieder scheint das „Große der Welt“ erst alles zu entdecken. Für ihn hat es bisher keine schweren Schicksalsschläge gegeben, sodass er mit einem großen Herzen auf Menschen zugeht, neugierig, und dennoch etwas zurückhaltend.

Doch nicht nur Frieder ist wunderbar gezeichnet, auch Alma, Johann und seine Psychose, die ambivalente Figur des Großvaters – alle sind in ihrer Einzigartigkeit nachvollziehbare, tiefgründige Charaktere. Das Beziehungsgeflecht ist kohärent im Wandel. Es präsentiert dem Leser schwierige Konstellationen, die es aufzuschlüsseln gilt – die uns irritieren und gleichzeitig unser Herz berühren. Und die wunderbarer Nährboden für Klassengespräche, Diskussionen und Erarbeitungsphasen sind.

Miriam von dieschreibmaschine.net beschreibt das Buch als „leise[n] Roman […] mit Liebe zur Sprache“ (19.10.23, https://dieschreibmaschine.net/tag/der-grosse-sommer/ ) und genau das fasst es zusammen. Man spürt die Liebe zu den Figuren, zum Setting und besonders zu diesem harten Mann mit dem dann doch nicht ganz so harten Kern.

Ich denke, dass es für die SuS erstmal etwas holprig sein wird, Zugang zu diesem Buch zu finden – aufgrund seiner Vielschichtigkeit und gerade eben dieser Sprachstärke es dennoch eine wundervoll fruchtbringende Lektüre für die höheren Klassen ist/ sein kann. Persönlich finde ich den Roman zu schwer für die in BaWü vorgesehenen Klassen, ich würde den Entwicklungsroman von Arenz eher später lesen – eben gerade weil die Sprache ihre ganz eigene Poetik zeichnet, entschlüsselt werden will und sich in einigen Szenen nicht sofort erschließen will.

 

👨‍🏫 Einsatz in der Schule

 

Der Roman berührt – wie bereits erwähnt – ganz viele Themen, u.a. die erste Liebe, das erste Mal, die Grenzen der Freundschaft, der Umgang mit einem plötzlichen Tod, psychische Erkrankung und nicht zuletzt schwierige Beziehungen. Darüber hinaus versteht es Ewald Arenz wundervolle Szenenbilder zu erschaffen, die sich für genauere Literaturanalysen anbieten, Anlass für ausführlichere Interpretationsaufsätze geben können und u.a. Exkurse zur Naturlyrik zulassen. Insgesamt bietet der Roman ein ganzes Potpourri an Möglichkeiten für den Unterricht in höheren Klassen.

Aufgaben, die sich hier anbieten:

  • Charakterisieren der Figuren Frieder, Johann, Beate, Großvater, Nana
  • Entwicklung der Beziehung zwischen Frieder und dem Großvater, Frieder und Johann
  • Vorfall im Steinbruch: Konsequenzen und „Streiche“
  • Sehnsuchtsorte analysieren: Brasilien und eigene Sehnsuchtsorte
  • Schwierige Liebe/Grenzen der Liebe: Nana und der Großvater
  • Trauma und Tod verarbeiten
  • Psychosen: Behandlung früher und heute
    • Haben Frieder und seine Schwester richtig reagiert?
  • Gefühlskurven anlegen für die Figuren und begründen
  • Analyse von Naturbeschreibungen im Kontext unterschiedlicher Szenen
  • Metaphorik und Motivik – z.B. das Grab, der Tiger, Wassermetaphorik, …

Zusammenfassend lässt sich demnach festhalten, dass der Roman sich sehr facettenreich zeigt, mit genügend Tiefgründigkeit.

 

👨‍🏫 Differenzierte Arbeitshefte zu dem Roman

 

Arenz, der große Sommer, Klassenlektüre

24/25 ist „Der große Sommer“ eine der Pflichtlektüren in BaWü für die Hauptschul-, die Werkrealschul- und die Realschulabschlussprüfung – was für mich den wundervollen Vorteil hat, dass es von Krapp & Gutknecht bereits ausgearbeitetes Material zu dem Roman gibt 🤩Da ich den Roman eher in der Oberstufe unterrichten werde, habe ich mich zur Inspiration für das Material für die Realschule entschieden – es gibt aber ebenfalls ein Arbeits- und Lehrerheft für die Hauptschule.

Die Aufmachung der Hefte – sowohl für die SuS als auch die Lehrenden – ist sehr ansprechend. Das Arbeitsheft hangelt sich mit vielfältigen Aufgaben zunächst am Erzählstrang des Werkes zur Inhaltserschließung entlang, bevor werkübergreifend die wichtigsten Themen, Motive und Szenen nochmals gesondert herausgegriffen werden. Toll fand ich dabei, dass bei der Inhaltserschließung des Romans auf eine subtile Art ebenfalls das literarische Wissen mit vermittelt wird, wie z.B. die Erzählformen. Darüber hinaus wird zur vertiefenden Inhaltserschließung ebenfalls auf Kreativaufgaben zurückgegriffen – von eher ‚einfachen‘ Aufgabenformaten wie dem inneren Monolog bis hin zum eigenen Sonett werden die Schüler*innen im Heft für die Realschule auf vielfältige Weise gefördert.

Für die Lerner gibt es ebenfalls einen Onlinebereich, in dem sie nochmals eigene Lektürequizze zu den Erzählteilen digital erledigen können – zur Motivation sicherlich ein tolles Feature.

Als große Verfechterin von Vorlesen und Hörimpulsen in der Schule fand ich dann im Lehrerheft zum „großen Sommer“ die Anregungen zur Arbeit mit dem Hörbuch sehr inspirierend – hier werde ich sicherlich einige Impulse mit in die Stunden in die Oberstufe nehmen, dies erleichtert mir die Arbeit ungemein. Der Downloadbereich bietet zudem vertiefende Arbeitsblätter zur Differenzierung nach oben und sogar Vorschläge zur Leistungsmessung – eine willkommene Inspiration – genau wie die didaktischen Hinweise, bereits angefertigten Charakterisierungen und Musterlösungen für Kreativaufgaben.

Der Verlag schafft es, den doch recht anspruchsvollen Roman klassengerecht aufzuarbeiten, und gleichsam Inspiration für weiterführenden Unterricht zu bieten, sodass sich im nächsten Jahr bei mir in meiner Oberstufe das Ein oder Andere sicherlich wiederfinden wird. 🥰

Arbeitsheft, Klassenlektüre, Oberstufe, Sekundarstufe

*** Fazit ***

 

Ich vergebe hier vier Sterne, da die Sprache und das sanfte Voranschreiten des Romans den Einstieg für die Lerner eventuell erschweren, aber die Storyline, Sprachmelodie sowie auch die vielen Themen für den Unterricht Arenz’Werk zu einem wundervollen Entwicklungsroman machen. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie sich der Roman als Prüfungslektüre in BaWü schlagen wird, aber eine Lektüre ist es auf jeden Fall wert.

 

Du willst den Roman Lektüre aufgeben?

Dann spar dir jetzt Zeit und hol dir passendes Material hierzu:

➡️ Schülerarbeitshefte von Krapp&Gutknecht  
➡️ Lesetests zur Ganzschrift „Der große Sommer“

 

Du willst mehr Lesetipps?
Dann hol dir meine Liste an Empfehlungen für den Unterricht 😊

➡️ Lektüretipps von Klasse 6-12

 

 

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Hey ich bin Vanessa,

Deutschlehrerin, Literaturbloggerin, Yogatante und eigentlich auch ein eigener Klassenclown. Ich bin überzeugt, dass die passende Literatur deine Schüler*innen zum Staunen bringt, dass mediale Projekte auch den letzten Lesefaulen aus der Ecke locken und ‚Klassiker‘ aus der Sekundarstufe verbannt gehören.

Seit mehr als 13 Jahren arbeite ich als Deutschlehrerin an unterschiedlichen Schulen, halte Workshops zur Literaturvermittlung und gebe dir nun aus meinen Erfahrungen heraus Tools und Material an die Hand, um bei deinen Lernenden wieder mehr Freude an der Literatur zu wecken.

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